Alle Jahre wieder, kommt die Preiserhöhung auf die Erde nieder, wo die Kunden sind!

In meinem letzten offenen Verkaufstraining (= hier senden Firmen einen bis zwei Teilnehmer zum Training) kam die Frage auf: „Wann ist eine Preiserhöhung sinnvoll?“ Zur selben Zeit fragte ein Trainerkollege nach, wie er seinen Teilnehmern dieses Thema am besten vermitteln könne. Für mich typische Anzeichen, dass das Jahr zu Ende geht. 

Schauen wir uns die Frage der Teilnehmerin genauer an: „Wann ist eine Preiserhöhung sinnvoll?“, das ist eine Frage des Blickwinkels. Die meisten Ihrer Kunden werden sagen: „nie!“ Aus der Sicht der Lieferanten: „immer dann, wenn sich die eigenen Einkaufs-, Verarbeitungspreise oder zum Beispiel die Löhne und Gehälter erhöht haben.“ Oder allgemeiner ausgedrückt: „Ihr kalkulierter Deckungsbeitrag ist plötzlich niedriger als geplant, ohne dass Sie die Verkaufspreise gesenkt haben.“ Oder weil sich Ihr Angebot am Markt gut eingeführt hat und nun Zeit ist, damit Geld zu verdienen. Oder weil Ihr Angebot aktuell mehr bietet als vorher. Oder, oder, oder... 

Es gibt viele gute und sinnvolle Gründe, die Preise anzuheben. 

Die größten Hindernisse, den „neuen“ Preis durchzusetzen

Was ist das größte Hindernis, den Preis beim Kunden erfolgreich durchzusetzen? Sie, als Verkäufer!

In meinem oben erwähnten Training fiel mir auf, dass die Teilnehmerin kein gutes Argument für den Kunden im Rollenspiel hatte, als die Frage kam: „Weshalb kostet das jetzt mehr?“

Ich konnte deutlich zwischen den Zeilen hören, dass die Verkäuferin nicht sehr erfreut war, die Preiserhöhung weiterzugeben. 

Und das ist einer der springenden Punkte, weshalb das Thema „Preiserhöhung“ oft ein Kampf mit dem Kunden ist. Verkäufer signalisieren zwischen den Zeilen, dass sie diese Erhöhung auch nicht gut finden. Wahrscheinlich aus einem anderen Grund als der Kunde, doch übrig bleibt die fehlende Zustimmung. 

Ein anderer Punkt, weshalb es Verkäufern zum Teil schwer fällt, die anstehende Preiserhöhung beim Kunden durchzusetzen, sind die falschen Argumente dem Kunden gegenüber. 

Und zu guter Letzt geht es wieder um die Sprache, die wir einsetzen, wenn wir unserem Kunden die „neuen“ Preise nennen.

Mentale Schlagfertigkeit beim Verkaufen der Preiserhöhung 

In dem Verkaufstipp Nr. 71 haben Sie erfahren, wie wichtig die persönliche Einstellung zu Preisen, Regeln und Vorgaben des eigenen Unternehmens ist, um erfolgreich auf Einwände unserer Kunden reagieren zu können. 

Deshalb die Gewissensfrage an Sie: „Wie stehen Sie zu den Preiserhöhungen Ihres Unternehmens?“ Denken Sie auch Sätze wie:

Ausgerechnet jetzt, 

  • wo die politische Lage unsicher ist
  • wo die Wirtschaft gerade so schwächelt
  • wo unser Mitbewerber seine Preise gesenkt hat
  • wo wir gerade die großen Probleme in der Logistik überstanden haben und die Kunden sowieso verärgert sind
  • wo ich das neue Gebiet bekommen habe und mich nun mit einer Preiserhöhung vorstellen muss
  • wo meine Umsatzzahlen schlechter geworden sind.

Tja, und viele andere Gründe, weshalb es genau jetzt ein schlechter Zeitpunkt ist...

Hand aufs Herz, haben Sie solche oder ähnliche Gedanken gehabt, wenn es galt, eine Preiserhöhung durchzusetzen?

Dann ist es Zeit, sich 30 Minuten in eine ruhige Ecke zu setzen und folgende Liste zu erstellen: 

Vorteile und Nutzen der Preiserhöhung für unsere Firma

Suchen Sie mindestens 20 gute Gründe, weshalb eine Preiserhöhung für unser Unternehmen Sinn macht, obwohl externe Gründe dagegen sprechen. 

Offensichtliche Gründe für eine Preiserhöhung könnten sein:

  • stabile Gewinne für das Unternehmen
  • Unterstützung der Forschungsabteilung für neue Add-ons für unsere Produkte
  • Arbeitsplatzsicherung für unsere Mitarbeiter
  •  ....

Sie sind dran. Welche weiteren Gründe gibt es noch? Die ersten drei Gründe helfen Ihnen, dass das Papier nicht leer aussieht, wenn Sie starten. Sie werden viele finden.

Diese Liste wird Ihnen helfen, mit Selbstbewusstsein die Preiserhöhung bei Ihrem Kunden zu präsentieren. Ihre mentale Haltung überträgt sich auf Ihre Sprache und Ihre Modulation, wenn Sie überzeugt klingen, wirken Sie überzeugt und überzeugen letztendlich im Gespräch. Das funktioniert!

Wenn die Preiserhöhung zur Opferstory beim Kunden wird 

Sie haben Ihrem Kunden die neuen Preise präsentiert und sofort gerät Ihr Kunde ins Jammern und will von Ihnen wissen, weshalb ausgerechnet jetzt eine Preiserhöhung kommt. 

Viele Verkäufer antworten in dieser Situation Folgendes: 

  1. Wir reichen nur durch, was die Hersteller, Zulieferer oder sonstige Lieferanten an uns weitergegeben haben.
  2. Wir geben nur die Tariferhöhungen weiter, die gerade beschlossen wurden.
  3. Wir geben nur die Währungsschwankungen weiter, mit denen wir jeden Tag konfrontiert sind.
  4. Wir geben nur...

Und in diesem Moment denkt sich Ihr Kunde: „...und was interessiert das mich?“ oder „Wo genau ist mein Vorteil?“

Ihre Kunden haben mit diesen Gedanken nicht unrecht. Wenn sich in unserer Produktion oder Kalkulation Probleme ergeben, erwartet unser Kunde bis zu einem gewissen Grad zu Recht, dass wir unsere Probleme lösen, so dass er davon nichts spürt. 

Das bedeutet für Sie als Verkäufer, Sie brauchen bessere Gründe, um Ihrem Kunden eine Preiserhöhung zu verkaufen. Es stellt sich die Frage: Welche Vorteile hat eine Preiserhöhung für unseren Kunden? 

Deshalb lautet Ihre nächste Aufgabe, folgende Liste zu erstellen: 

Vorteile und Nutzen der Preiserhöhung für unsere Kunden

... probieren Sie es aus, 20 gute Gründe zu finden, weshalb unsere Kunden von einer Preiserhöhung profitieren. 

Denken Sie im ersten Moment, dass diese Aufgabe ein Scherz sei? Nein, ich meine das ernst. Ist es Ihnen im Berufs- oder Privatleben schon einmal passiert, dass Sie einen seriösen Lieferanten hatten, der Ihnen ein Angebot machte, bei dem Sie gedacht haben: „Wie macht der das nur? Das kann sich nicht rechnen.“ ...und die Bestellung fast mit einem schlechten Gewissen aufgegeben haben? Einige Monate später erfuhren Sie, dass dieser Lieferant nicht mehr am Markt ist. 

Wenn Ihr Kunde fragt, weshalb gerade jetzt eine Preiserhöhung stattfindet, antworten Sie: 

„Damit wir auch die nächsten fünf Jahre für Sie wie gewohnt da sind.“ 

oder

„Sie haben beim letzten Gespräch gesagt, wie sehr Sie unseren Service schätzen, den wollen wir weiterhin für Sie durchführen können.“

oder

„Damit Sie konsequent die gewohnte Qualität erhalten!“

Wieder die ersten drei Gründe für Ihre Liste. Welchen Nutzen hat Ihr Kunde noch, wenn Sie und Ihr Unternehmen die Preise erhöhen? 

AirBerlin hat vor kurzem indirekt seine Preise erhöht, indem sie die kleinen Snacks und Getränke eingestellt hat bzw. die Passagiere diese kaufen können. Wo liegt für mich als Kunde der Vorteil:

  1. Wenn ich nicht möchte, muss ich nichts kaufen.
  2. Endlich kann ich genug trinken, weil ich mir Wasser als Halbliterflasche kaufe. Ich hatte immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich drei Becher angefordert habe.
  3. Nicht jeder Riegel entsprach meinem Geschmack, jetzt wähle ich mir aus, was ich essen will. 

Wenn also die Stewardess auf die Frage eines Passagiers, weshalb die Snacks jetzt kostenpflichtig sind, nicht mit: „Sie haben ja in der Presse gelesen, dass wir sparen müssen“ (Opferstory) sondern mit: „Sie haben nun die freie Auswahl zwischen einem gesunden Sandwich oder einer Süßigkeit Ihrer Wahl“, geantwortet hätte, wäre dem Passagier sein persönlicher Nutzen an diesem Arrangement bewusster geworden und das nachfolgende Gespräch angenehmer verlaufen. 

Welche Gründe haben Sie gefunden?

Kontraproduktive Sprache bei der Preiserhöhung

Eine der beliebtesten Aussagen von Verkäufern bei Preiserhöhungen Ihrem Kunden gegenüber ist: „Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass wir (der Chef, die Geschäftsleitung) die Preise erhöht haben.“

Wenn es Ihnen leid tut, dann erhöhen Sie die Preise nicht. Sie sagen ja auch nicht: „Es tut mit leid, dass ich Ihnen auf die Zehen getreten bin“ und bleiben darauf stehen.

Ihr Unternehmen erhöht die Preise und Sie sagen: „Es tut mir leid, dass unserer Unternehmen (mein Chef) die Preise erhöht hat.“ Damit fallen Sie diesem direkt in den Rücken. Da Ihr Gehalt von Ihrem Unternehmen bezahlt wird, halte ich das für bedenklich. 

Und was der wichtigste Punkt ist: Mit dieser Aussage nähren Sie die Hoffnung des Kunden, die Preiserhöhung abwenden zu können. Nicht für immer, doch wenigstens für die nächste Bestellung. Und erstaunlicherweise funktioniert das oft, noch einmal zum alten Preis zu bestellen. In der Firma erzählen Sie dann: „Der Kunde hätte nicht bestellt, wenn ich nicht nachgegeben hätte.“ Tatsache ist, der Kunde ist erst durch die Art der Sprache auf die Idee gekommen, dass da noch etwas möglich ist. 

Wenn es um Bekanntgabe einer Preiserhöhung geht, vermeiden Sie Formulierungen wie: „Leider; es tut mir leid; ich bin auch überrascht, dass...; unser Chef hat die Preise erhöht, wir (ich) finde(n) das auch nicht gut ...“

Aber auch Aussagen wie:

„Wir haben schon zwei Jahre keine Preise mehr erhöht.“
„Alles wird teurer.“
„Alle erhöhen jetzt.“
„Der Mitbewerber hat seine Preiserhöhung schon vor drei Monaten durchgeführt.“

Zeigen Sie Ihrem Kunden, dass Sie mit ihm auf Augenhöhe sind und hinter der Preiserhöhung voll und ganz stehen. Weil auch er einen Nutzen davon hat. Sprechen Sie die Preiserhöhung ohne Entschuldigungen jeglicher Form klar an und akzeptieren Sie, dass Ihr Kunde im ersten Schreck unsanft reagiert. Aussagen wie „Ich verstehe, was Sie sagen, uns war es wichtig, dass wir auch die nächsten fünf Jahre noch für Sie da sind“, helfen Ihnen und Ihrem Kunden als Puffer über die ersten Schrecksekunden hinweg.

Viele Kunden zeigen im späteren Verlauf des Gespräches Verständnis, erstens weil sie seit Ihrer letzten Preiserhöhung bereits zweimal die Preise erhöht haben oder sind sogar angenehm überrascht, dass Ihre Preise so lange stabil waren. Kunden, die Ihnen zu diesem Zeitpunkt mit der Aufkündigung Ihrer Geschäftsbeziehung drohen, sind bereits länger im Zweifel, ob sie bestens bedient werden. Sprechen Sie das an.

Vernünftige Preiserhöhungen tragen zur Einkommens- bzw. Arbeitsplatzsicherung bei. Gehen Sie mit ihnen um, als wären sie gute Freunde oder zumindest etwas ganz Normales. Denn das sind sie in unserem alltäglichen Leben auch. Genauso wie Preissenkungen. Das gehört im Verkaufsleben einfach dazu. 

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und gute Gründe für Ihren Kunden, wenn Sie die nächste Preiserhöhung „verkaufen“.

Ihre

Gaby S. Graupner