„Erst schießen, dann fragen“ – Erfolgreicher Umgang mit Vor- und Einwänden bei der Kundenakquise

Im letzten Fachartikel haben Sie erfahren, wie Sie in der Kundenakquise erfolgreich mit der Aussage Ihres Kunden: „Senden Sie mir ein Angebot.“ umgehen können. Diese Aussage zählt zu den sogenannten Vor- oder Einwänden, die unsere Kunden gerne machen, wenn wir ihnen in der Auftragsakquise unsere Angebote vorstellen. 

Von diesen Vor- und Einwänden gibt es einige und sicherlich treffen Sie immer wieder darauf. Doch, wie können Sie damit am für Sie erfolgreichsten umgehen? Die meisten Teilnehmer erzählen mir, dass sie bei den Aussagen der Kunden, die als Einwände zu identifizieren sind, oft das Gefühl haben, regelrecht gegen eine Wand zu laufen und vor lauter Hilflosigkeit fast in Schnappatmung zu geraten. Andere Verkäufer wiederum beobachte ich dabei, wie sie unwirsch, manchmal sogar aggressiv reagieren und am Ende schlimmstenfalls einfach den Telefonhörer auflegen. Früher war ich persönlich über eine derartige Reaktion eines Verkäufers äußerst empört. Heute weiß ich, dass diese Art der Reaktion auch ein Akt von Hilflosigkeit ist. Hier kommen wieder unsere ureigensten Instinkte zum Einsatz. 

Wenn sich der Verkäufer überfordert fühlt

Unwirsche oder aggressive Reaktionen zeigten wir in der Urzeit immer dann, wenn wir das Gegenüber als Fremden identifiziert hatten und erst einmal unsere Kräfte messen wollten. Zähne blecken, Brust raus und Muskeln anspannen, dabei knurrende Geräusche von uns gebend, haben wir genau beobachtet, wie der Andere jetzt reagierte. Waren seine Zähne größer, seine Muskeln stärker und sein Knurren lauter, dann half nur eines: Füße in die Hand nehmen und rennen, was die Kraft hergab, bloß weg hier. Wenn Verkäufer heute flüchten, dann legen Sie stellvertretend einfach auf. Bloß raus aus der Situation. Es hat sich nicht viel geändert, wenn sich Menschen unwohl fühlen. Die Reaktionen sind fast gleich geblieben, nur die Darstellung hat sich entwickelt.

Eine weitere, sehr beliebt Reaktion ist die Aussage: „Ja, aber...“ Diese Wörter verwenden Verkäufer gerne, wenn Sie versuchen, eine freundliche Brücke zwischen dem Einwand des Kunden und dem Argument des Verkäufers zu bauen. Damit der Kunde sich, unabhängig von seiner Aussage, trotzdem für unser Angebot interessieren sollte. Viele Verkäufer glauben, damit positiv auf den Einwand zu reagieren. Doch das Synonym von „Ja, aber“ lautet schlicht „nein“. „Nein“, dein Argument zählt nicht. Außerdem sind Sätze, die mit „Ja, aber...“ beginnen, sehr anstrengend und zwar für beide Seiten. Das gilt auch im Privatleben. Wann immer Ihr Lebenspartner auf einen Vorschlag von Ihnen mit „Ja, aber...“ antwortet, meint er schlichtweg „nein“. Schwierig dabei ist es, dass wir bei der Antwort „Ja, aber...“ oft auf Durchzug schalten und uns mit den nächsten Argumenten wappnen, um unseren vorherigen Vorschlag doch noch durchzusetzen. Außerdem versetzt uns diese Aussage „Ja, aber...“ stark in den Diskussionsmodus, wenn nicht sogar in den Kampfmodus. Jetzt erfolgt meistens ein verbaler Schlagabtausch. Am Ende ist ein Streit vom Zaun gebrochen und oft hat man vergessen, was eigentlich die Eingangsfrage war. 

„Ja, aber“ führt zu passivem Widerstand

Kommt dagegen das „Ja, aber...“ von Kindern oder auch von Mitarbeitern, habe ich immer wieder erlebt, dass das Ergebnis dann eine Art „passiver Widerstand“ ist. Das liegt vor allem daran, dass Kinder in der Argumentation meistens noch nicht so stark  sind und Mitarbeiter, die zwar durchaus stärker argumentieren können, sich dies jedoch aufgrund des Statusunterschiedes nicht trauen. Dann wird die Aufgabe eben „vergessen“ oder andere Aufgaben, die viel „wichtiger“ sind, werden vorgezogen. 

Was machen unsere potenziellen Kunden, wenn der Verkäufer mit „Ja, aber...“ antwortet? Sie verdrehen häufig die Augen, schalten die Ohren auf Durchzug und warten, bis der verbale Anfall des Verkäufers vorüber ist, um anschließend entweder in die Verteidigung ihres Argumentes zu gehen oder nachträglich deutlich „nein“ zu sagen. Ist das Gespräch dann beendet, die Verbindung getrennt, haben beide Gesprächspartner ein schales Gefühl. Das Gespräch war alles andere, als eine angenehme Erfahrung und zwar für beide Seiten. 

Daher lautet die erste Regel bei Vor- und Einwänden: Streichen Sie bei der Kundenakquise die Aussage „Ja, aber...“ restlos aus Ihrem Wortschatz!

Wie reagieren Sie erfolgreicher?

Definieren wir zuerst einmal den Unterschied zwischen Vorwänden und Einwänden. 

Vorwände bedeutet im Konsensitiven Verkaufen, also im Verkaufen auf Augenhöhe, dass der Kunde versucht, sich durch das „Vorschieben einer Wand“ zwischen sich und den Verkäufer zu schützen. Frei nach dem Motto: „Erst schießen, dann fragen.“ Wie ist das zu verstehen?
Nun, in dem Moment, in dem wir unseren wahrscheinlichen Kunden mit unserem Angebot anrufen, ist er mit einer anderen Sache beschäftigt. Wir reißen ihn mit unserem Angebot überraschend aus seiner momentanen Tätigkeit heraus und erwarten, dass er jetzt eine kompetente Antwort zu unserem Angebot gibt, also innerhalb von wenigen Sekunden entscheidet, ob er unser Angebot braucht oder eben keinesfalls. Nun, das geht nicht!

Unsere heutige Art der verbalen Kommunikation, unter Zuhilfenahme von Technik (Telefon), hat uns, im Verhältnis zur Urzeit, extrem langsam gemacht. Wenn einer unserer Vorfahren nur halb so lang gebraucht hätte, zu entscheiden, ob das Tier oder der andere Mensch vor ihm gefährlich ist, gäbe es uns heute nicht mehr. Wir wären, wie die Dinosaurier, ausgestorben. 

Da wir jedoch so „langsam“ geworden sind, schützen wir uns auf die Schnelle mit Aussagen, wie: 

* „Keine Zeit“
* „Kein Interesse“
* „Kein Geld“

Es gibt nur 3 Vorwände – aber viele Synonyme

Die drei oben genannten Vorwände haben noch viele Synonyme, die genauso oft gesagt werden. Immer wieder habe ich es erlebt, dass meine zukünftigen Kunden so oder so ähnlich reagiert haben: „Nein, kein Interesse – was genau meinen Sie denn mit...?“

Diese Vorwände bringt unser Gesprächspartner in erster Linie deshalb, weil er vor allem Zeit braucht, um das Für und Wider im Kopf abzuwägen und gleichzeitig jedoch auch rundum geschützt sein will. Sie mit einer Aussage wie: 

„Ja, aber Sie wissen doch noch gar nicht, um was es geht“ oder so ähnlich zu beantworten, macht den Kunden zu Recht ärgerlich. 

Er fühlt sich ertappt. Er hat Ihnen seine Schwäche, erst schützen, dann denken, verraten und Sie haben verbal dagegengeschlagen. 

Respektieren Sie, dass Ihr Kunde Zeit braucht

Aus meiner Sicht gibt es nur diese drei Vorwände und viele, viele Synonyme dafür. Die richtige Reaktion darauf ist jetzt nicht „Kampf“ bzw. „Gegenargument“. Es ist sinnvoller, dem Kunden eine weitere Chance zu geben, seine Vorteile abzuwägen und gleichzeitig von unserem Hochsstatus etwas runter zu gehen. 

Im Fachartikel „Einstieg in die Kaltakquise – SmallTalk war gestern“, haben Sie gelesen, dass Ihr Kunde auf alle Fälle einen Nutzen braucht, den ihm Ihr Angebot bieten sollte, denn wenn er keinen Nutzen erkennt, wird er keine Zeit in ein Gespräch investieren.

Das Gespräch sieht dann folgendermaßen aus:

...
Sie: "Ihr Nutzen dabei ist... Interessiert Sie das?"
Ihr Kunde: (schnell sich schützend) "Nein, kein Interesse."
Sie: "Habe ich Sie richtig verstanden? Sie sind nicht, an dem Nutzen ABC interessiert? Ein „Nein“ ist vollkommen in Ordnung." 

Was glauben Sie, passiert jetzt? Nun, die Erfahrung aus den letzten sechs Jahren, solange gibt es die Methode „Konsensitives Verkaufen – Verkaufen auf Augenhöhe“ schon, hat gezeigt, es kommen genau zwei Arten der Reaktion: 

1.) Ihr Kunde: "Jein, weil wir..." (Jetzt folgt meistens ein Argument oder eine Begründung, warum jetzt nicht, grundsätzlich aber schon.)

oder 

2.) Ihr Kunde: "Sie haben richtig verstanden, wir brauchen Ihr Angebot nicht." (Oft folgt, dann: „..., weil...)

Schauen wir uns zuerst Ihre Reaktion auf den „Vorwand“ genauer an und dann die beiden Reaktionsmöglichkeiten Ihres Kunden bei dem Akquisegespräch.

Erfolgreiche Reaktion auf Vorwände

1. Satz: „Habe ich Sie richtig verstanden?“ 
Hiermit gehen Sie in Tiefstatus, räumen ein Missverständnis ein, zeigen, dass Sie an der Antwort wirklich interessiert sind.  Sie reagieren jedoch vollkommen sachlich. Es geht weder um „ja“ noch um „nein“, es geht um eine gemeinsame Ebene. Außerdem ist es eine „neutrale“ Frage und wir wurden dazu erzogen, Fragen zu beantworten, was uns noch leichter gelingt, wenn die Frage keine Gefahr für uns darstellt. 

2. Satz: „Sie sind nicht an dem Nutzen ABC interessiert?“

Jetzt bringen Sie einen weiteren Nutzen, also einen anderen Nutzen als beim Einstieg. Sie haben damit dann bereits zwei Nutzen für Ihren Kunden genannt und er hat mehr Wissen, um seinen Bedarf für Ihr Angebot tatsächlich klären zu können. Mit dem zweiten Nutzen erfährt er, ganz nebenbei, ein weiteres Teilstück Ihres Angebotsspektrums. 

Hier ist es besonders wichtig, dass Sie einen vollständig neutralen Tonfall haben. Eine deutliche Überraschung oder gar einen Vorwurf in die Stimme zu legen, wäre sehr kontraproduktiv. Sagen Sie diesen Satz so, als würden Sie sich nach dem Wetter vor Ort erkundigen, höflich, aber nicht als wäre es das Wichtigste auf der Welt. 

3. Satz: „Ein „Nein“ ist vollkommen in Ordnung.“
Das ist der wichtigste Teil Ihrer Reaktion. In der Urzeit wäre das zum Beispiel ein Lächeln gewesen, das der Unbekannte, der da so plötzlich hinter dem Busch auftauchte, gesendet hätte, um zu signalisieren: „Alles ist ok!“ Sofort hätten Sie sich entspannt und hätten wieder klarer denken können. 

Wie sich Ihr Kunde entspannt

Und genau das passiert auch im Akquisegespräch mit Ihrem Kunden. Er entspannt sich, er muss sich nicht mehr schützen. Ein „Nein“ wäre gegebenenfalls ok, kein Kampf, kein auf der Hut sein. Jetzt kann er eine Entscheidung treffen. Für oder gegen Ihr Produkt. Doch genau das ist nicht so einfach, Ihre Anfrage nach Bedarf, ist nicht immer in die Kategorien „schwarz = nein“ oder „weiß = ja“ einzuordnen und deshalb kommt auch sooft ein „Jein“ oder anders ausgedrückt: 

„Jein, weil wir haben gerade gekauft.“ 
„Jein, dieses Jahr nicht mehr, aber...“
„Jein, wir haben aber vorgeschriebene Formate, oder, oder...“

Nach beinahe jedem „Jein“ kommt eine Begründung, eine Argumentation oder eben ein „echter Einwand“ – etwas, über das Sie nun diskutieren können.

Wenn Sie Ihrem Kunden jedoch nicht signalisieren, dass ein „Nein“ auch in Ordnung ist, befindet er sich eher im „Kampfmodus“ als im „Argumentationsmodus“ und es fehlt Ihnen an der Grundlage für ein Diskussionsgespräch.

Ein „nein“ und trotzdem erfolgreich

Das erste, was Sie feststellen werden, wenn Sie mit dieser Form der Vorwandbehandlung arbeiten, ist, dass Ihre Gespräche länger, aber auch viel informativer werden. Sie erfahren mehr über Ihren Kunden und der schale Nachgeschmack ist weg, auch wenn Sie nicht zu einem Termin oder sonstigen Abschluss gekommen sind. 

Aber auch, wenn Ihr Kunde sein „nein“ wiederholt: „Sie haben richtig verstanden, wir brauchen Ihr Angebot nicht“, ist das Gespräch insgesamt angenehmer. Denn, zum einen sparen Sie Zeit, Sie werden garantiert nie jeden überzeugen und wissen hier schnell, woran Sie sind, zum anderen werden Sie insgesamt respektvoller behandelt. Das Gespräch läuft auf Augenhöhe und jetzt ergibt sich oft die Gelegenheit, dass Sie etwas anbieten, das ich die „kleine Bitte“ nenne. 

Ihr Kunde wiederholt also, dass er kein Interesse an Ihrem Angebot hat und Sie sagen:

„Danke, dass Sie das so offen sagen. Für den Fall, dass sich die Situation einmal ändert, gibt es die Möglichkeit, dass wir locker in Kontakt bleiben, durch unsere regelmäßigen Fachartikel. Zum Beispiel, wie Sie erfolgreich mit Problemen in der „Kaltakquise“ umgehen können. Dabei geht es nicht um Werbung, sondern um Fachwissen für Ihren Alltag. Möchten Sie das?“

Sie werden jetzt überdurchschnittlich oft ein „Ja“ hören und, und das ist das Beste daran, viel öfter die persönliche E-Mail-Adresse erhalten, als früher bei ähnlichen Gelegenheiten, bei denen Sie dann die „Zentrale@ oder Info@“ bekommen haben. Probieren Sie es aus.

Die „kleine“ Bitte

Ob Sie die „kleine“ Bitte anbringen, hängt stark davon ab, wie dieses „Nein“ vorher kam. Oft macht es auch Sinn, es einfach mit einem charmanten Ausstieg aus dem Gespräch zu respektieren. Dadurch haben Sie die Möglichkeit, jederzeit zurückzukommen und positiv in Erinnerung zu bleiben. Außerdem macht es Ihren Akquise-Alltag insgesamt angenehmer. 

Sie werden nie alle bekommen, konzentrieren Sie sich auf die „Rosinen“ in Ihrem Marktkuchen. 

Nun bleibt noch die Frage: Wie gehen Sie mit den „echten Einwänden“ um? Besuchen Sie dazu unser Training „Erfolgreiche Kundenakquise“ in München oder Hannover. Hier gibt es mehr Informationen.

Weiterhin viel Erfolg wünscht Ihnen 

Gaby S. Graupner

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