Warum die reine Rhetorik bei „zu teuer“ nicht funktioniert – und wieso es auf „mentale Schlagfertigkeit“ ankommt!

Wenn Ihr Kunde „zu teuer“ sagt, welche Gefühle kommen bei Ihnen zuerst auf? Ärger, Enttäuschung oder Angst, den Kunden zu verlieren? Wie ist Ihre Reaktion? Rabatt?

Für viele Vertriebsmitarbeiter fühlt sich die Aussage an, wie wenn ein Tornado sie kurz vom Platz fegt. Bei manchen verkrampft sich der Magen, es wird ihnen übel und sie geraten ins Stottern. Oder der Verkäufer wird zum Pawlowschen Hund (bitte siehe dazu Verkaufstipp Nr. 67) und gibt sofort nach, indem er laut „Rabatt“ ruft. 

Manche haben jedoch unzählige Verkaufstrainings zu diesem Thema besucht und viele Schlagfertigkeits-„Techniken“ gelernt, um brillant zu retournieren. Nicht, dass ich das schlecht finde, im Gegenteil, bei vielen Kunden ist Schlagfertigkeit die beste Medizin. Es hilft auch, entsprechende Literatur zu lesen, wie zum Beispiel: Roman Kmentas E-Book „ZU TEUER!“ – 118 freche, humorvolle, überzeugende und profitable Antworten auf Preiseinwände. Doch aus meiner Erfahrung ist im ersten Schritt etwas ganz anderes viel wichtiger! Nämlich Ihre „mentale Schlagfertigkeit“! Wie steht es um Ihre „mentale Schlagfertigkeit“? Anders ausgedrückt: Wie fühlen Sie sich, wenn Ihr Kunde sagt: „zu teuer“?

Eine knallharte Analyse

Keine Sorge, wir bilden jetzt keinen Stuhlkreis und zünden Räucherstäbchen an, sondern es geht um eine knallharte Analyse. Wenn ich meine Teilnehmer im Training frage, wie sie sich bei der Aussage „zu teuer“ fühlen, kommen Aussagen wie: 

„Ich bin verärgert“, diese Teilnehmerin empfand die Aussage „zu teuer“, als persönlichen Angriff auf ihr Angebot, sowohl auf die Qualität des Produktes als auch die Aufbereitung des Angebotes. 

Ein anderer Teilnehmer meinte: „Die ganze Arbeit umsonst“, sei sein erster Gedanke und er ist maßlos „enttäuscht“, wieder nicht den „richtigen“ Preis getroffen zu haben. Fast, als wären „Preise“ so etwas wie Lotterielose. 

„Ich fühle mich ungerecht behandelt“, teilte mir ein weiterer mit. „Ich arbeite hochqualitativ und erfülle alle Wünsche meiner Kunden“, folgte gleich danach. Das machen viele meiner Kunden, doch wenn ich diesen Nutzen nicht richtig beim vermitteln kann, folgt eben die Aussage „zu teuer“, manchmal auch als Synonym für „das kann ich mir nicht leisten“. Dann hat er den „falschen“ Kunden bearbeitet. 

„Mein Kunde lügt, wenn er sagt, ich bin zu teuer“, höre ich auch immer wieder, besonders wenn der Kunde darauf hinweist, dass ihm ein „günstigeres“ Angebot vorliegt. Nun, Kunden bluffen sicherlich auch mal. Frei nach dem Motto: „Ein Versuch ist es wert.“

„Ich habe zu groß oder zu exklusiv dimensioniert“, kam von einem weiteren Teilnehmer. Das bedeutet, aus den unterschiedlichen Angebotspaketen wurde das „zu exklusive“ ausgewählt und man hat dadurch „knapp vorbei“ angeboten. 

„Ich fühle mich sofort im Zugzwang „Rabatt anzubieten, als hätte ich etwas falsch gemacht“, berichtete der nächste.

„Ich muss sofort etwas ändern, ansonsten verliere ich den Kunden“, das sind Panikgefühle die Verkäufer immer wieder haben. 

„Ich und/oder mein Angebot sind nicht in Ordnung“, sind Bedenken, die vor allem unerfahrenen Verkäufern oft durch den Kopf schießen. 

„Ich zweifle daran, dass wir marktgerecht sind“, sind Gedanken, die Vertriebsmitarbeiter haben, wenn sie mit Preisen oder Preiserhöhungen ihrer Chefs nicht einverstanden sind. 

Wenn Schlagfertigkeit unglaubwürdig ist

Wenn Ihnen diese oder ähnliche Gedanken bzw. Gefühle bekannt vorkommen, ist es unglaublich schwer, schlagfertige Äußerungen, die Sie gelesen, gehört oder gelernt haben, anzuwenden. Noch schwieriger ist es, diese schlagfertigen Floskeln glaubhaft rüberzubringen. Auch ein eher unerfahrener Kunde merkt sofort, dass da etwas nicht stimmt. Da er aber Ihre Gefühle oder Gedanken nicht lesen kann, vermutet er, dass er mit seiner oft einfach dahingeworfenen Aussage „zu teuer“ ins Schwarze getroffen hat und er von Glück sagen kann, dass er nicht darauf reingefallen ist. 

Es geht dabei überhaupt nicht darum, ob er Recht hat, sondern nur um eine falsch interpretierte Wahrnehmung. Ihre persönliche Verunsicherung wird als Bestätigung einer unbewiesenen Annahme gesehen. Und schon ist Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung „tatsächlich“ zu teuer und ein guter Rabatt ist jetzt das Mindeste, was der Kunde erwartet. Ein Teufelskreis, aus dem auszubrechen nicht einfach ist. Das Beste wäre, Sie als Verkäufer kommen erst gar nicht in die Situation und dazu benötigen Sie eine Art „mentale Schlagfertigkeit“.

Beispiele von „mentaler Schlagfertigkeit“

Was wären denn die Alternativen zu den oben genannten Gedanken und Gefühlen? Meine Teilnehmer haben folgende Möglichkeiten erarbeitet:

„Wieder einer, der Äpfel mit Birnen vergleicht“, dass bedeutet, der Verkäufer ist sich sicher, dass sein Angebot in Ordnung, aber der Kunde sich der Unterschiede in den Angeboten nicht bewusst ist. Das kann dann gleich mit dem Kunden geklärt werden. 

„Unsere Preise sind gut kalkuliert, der pokert und veräppelt mich“, dieser Gedanke unterstützt Ihr Selbstbewusstsein und hilft Ihnen, jetzt Ihre Argumente oder rhetorischen Schlagfertigkeiten überzeugend anzubringen. 

„Das ist es Wert, ich oder wir sind die Besten“, auch mit diesem Gedanken werden Ihre Erwiderungen auf „zu teuer“ viel glaubwürdiger rüberkommen. 

„Der Kunde will spielen, wer die besseren Argumente hat, ich bin dabei“, bei diesen Gedanken lassen Sie keinen Zweifel an Ihrem Angebot zu, sondern es geht um ein Spiel, wie auf dem Basar. Ihre rhetorischen Argumente werden einleuchtender wirken. 

„Vielen Dank für den Hinweis, er (der Kunde) braucht also noch Argumente zum Nutzen meines Angebotes“, wenn Sie mit diesem Gedanken auf den Einwand Ihres Kunden reagieren, werden Sie sicherlich mehr Raum haben, Ihrem Kunden mit seinen Zweifeln noch offener zuhören zu können, um anschließend die richtigen Gründe, die für Ihr Angebot sprechen, präsentieren zu können. 

Rhetorische Schlagfertigkeit nützt ohne die „mentale Schlagfertigkeit“ nichts, da Ihre Argument dann meistens unnatürlich klingen, wahrscheinlich eher wie eine Rechtfertigung wirken und Ihren Kunden wenig beeindrucken, weil er dabei das Gefühl hat, Sie würden ihn nicht verstehen. 

Sie beide, Ihr Kunde und Sie, brauchen Ihre „mentale Schlagfertigkeit“. Ihrem Kunden vermittelt sie den Eindruck, bei Ihnen gut aufgehoben zu sein und Sie selbst werden durch den Einwand „zu teuer“ nicht mehr derart weggeblasen, dass Ihnen außer „Rabatt“ nichts anderes mehr einfällt. 

Wege zur „mentalen Schlagfertigkeit“

Wie erlangen Sie nun diese mentale Schlagfertigkeit? Als erstes achten Sie in den nächsten Tagen einmal bewusst darauf, was Ihre ersten Gedanken oder Ihre ersten Gefühle sind, wenn Ihr Kunde „zu teuer“ sagt. 

Erstellen Sie eine kleine Bestandsaufnahme dieser Gedanken und Gefühle. Seien Sie dabei absolut ehrlich zu sich selbst. Niemand wird Ihre Liste sehen, nur Sie, also keinen Filter der sozialen Anpassung oder des gewünschten Verhaltens darauflegen. 

Wenn Sie anschließend feststellen, dass Ihre Gefühle eher den Beispielen am Anfang dieses Textes gleichen, dann stellen Sie sich zwei Fragen: „warum“ und „wozu“.

Erste „Warum-Antworten“ könnten sein, dass Sie denken, dass Ihr Chef die Preise ohne Absprache mit Ihnen getroffen hat und er außerdem überhaupt nicht mehr im Kundenkontakt ist und daher den Markt nicht mehr richtig kennt. 

Eine weitere Warum-Antwort ist oft, dass Sie zwar den Preis so definiert haben, jedoch hauptsächlich, weil er dem Markt so entspricht, weil Kollegen gesagt haben, dass man das so macht oder weil andere Gründe von außen diesen Preis so vorgeben. In Ihrem Innersten sind Sie jedoch davon überzeugt, dass Sie oder Ihr Angebot diesen Preis nicht wirklich wert sind. 

Eine dritte, andere Warum-Antwort ist oft, dass Sie selbst nie so viel Geld für Ihr Angebot ausgeben würden, entweder, weil Sie es sich tatsächlich nicht leisten können oder weil Sie es sich nicht leisten wollen. Es fällt Ihnen schwer, zu glauben, dass andere Menschen dies anders sehen könnten. 

Eine vierte Antwort und damit die erste „Wozu-Antwort“ ist, dass Sie Beweise für Ihre wirklichen Gedanken oder Glaubenssätze suchen. Diese dann auch vielfältig finden. Ein Kollege hat mir dazu einmal eine interessante Geschichte erzählt: 

Er war lange BMW-Fahrer gewesen und hatte dann zu Mercedes gewechselt. Nun machte er sich seit kurzer Zeit wieder Gedanken, welches sein nächstes und damit neues Auto sein sollte. Wie der Zufall es wollte, rief ein Verkäufer seines ehemaligen BMW-Autohauses an, wahrscheinlich, um ihm ein neues Modell vorzustellen. Genau werden wir es nie erfahren, denn der Dialog lief ungefähr so ab: 

Verkäufer: „Sie fahren ja einen BMW...“

Kunde (um Wahrheit bemüht): „Nein, derzeit einen Mercedes.“

Verkäufer: „Dann brauchen Sie ja leider unser Angebot nicht. Entschuldigen Sie die Störung.“ Und weg war er.

Schade. Auch wenn das ein sicher extremes Beispiel ist, erlebe ich es immer wieder, dass manche Verkäufer scheinbar den Beweis für ihre mentale Einstellung suchen. Anders ist ihr Verhalten nicht zu erklären. 

Weitere Wege zur „mentalen Schlagfertigkeit“

Wenn die oben genannte erste Antwort die Grundlage für Ihr Verhalten ist, was können Sie dann tun? Nun, zum einen, Sie können mit Ihrem Chef sprechen. Aber nicht mit der Aussage: „Diese Preise sind doch nicht marktgerecht“, sondern eher mit Sätzen wie: „Ich würde gerne unsere Preise nach draußen aktiv vertreten, dazu muss ich sie besser verstehen. Helfen Sie mir dabei?“

Oder Sie erstellen eine lange Liste von Vorteilen und Nutzen Ihres Angebotes. Die meisten Verkäufer haben fünf oder sechs Vorteile und Nutzen für ihr Angebot. Top-Verkäufer dagegen verfügen über Listen von 30, 40 bis 60 Vorteilen und Nutzen, weshalb ihre Kunden das Produkt bzw. die Dienstleistung kaufen sollten. Diese Vorgehensweise hilft auch, wenn die zweite Gedanken-Antwort auf Sie zutrifft.

Eine Lösung für die zweite und dritte Antwort ist, Kunden zu fragen, weshalb sie gekauft haben. Rufen Sie doch mal gute Kunden an und fragen Sie sie, weshalb sie regelmäßig bei Ihnen kaufen. Bei der Gelegenheit können Sie auch fragen, ob Ihr Kunde etwas vermisst oder ob es noch Wünsche gibt, die offen sind. Sie werden überrascht sein, wie viele positive Argumente Ihre Kunden haben, weshalb sie bei Ihnen kaufen. Die Aussagen Ihrer Kunden helfen Ihnen dann, mental schlagfertiger zu werden, indem Sie sie beim Telefonieren in Form einer Liste vor sich hinlegen oder bei einem Kundenbesuch vorher laut durchlesen. 

Bei der dritten Gedanken-Antwort wäre es wichtig, sich bewusst zu machen, dass Ihre Kunden selbstdenkende und erwachsene Menschen sind, die sicherlich nicht vor Ihren Produkten geschützt werden müssen. Ganz im Gegenteil, sie legen einfach mehr Wert auf andere Eigenschaften, zum Beispiel Qualität oder Service oder das gewisse Extra und sind deshalb bereit, dafür mehr Geld auszugeben. Lassen Sie Ihren Kunden entscheiden, was ihm das Stillen seiner Bedürfnisse wert ist. Auch wenn Sie persönlich das anders sehen. 

Die Wozu-Antwort kann ein Zeichen von Selbstsabotage sein. Wenn Sie dazu neigen, dieser Art zu denken, vermindern Sie Ihre Lebensqualität, das erzeugt negativen Stress, der Sie am Ende krank macht. Wenn Sie sich tatsächlich Tag für Tag beweisen, dass Sie mit Ihren negativen Gedanken Recht haben, dann ist es an der Zeit, den Job zu wechseln. Einfach schon aus reinem Selbstschutz. Da es viel mehr Freude macht, sich täglich zu beweisen, dass Sie noch mehr erreichen können und Sie dabei schöne Erfolge spüren, hilft nur eines:

Love it – Leave it or Change it!

Wenn Ihre Vorstellungen nicht immer erfüllt werden, dann finden Sie Wege und Möglichkeiten, wie es doch gehen könnte. Allein, den Schalter von „es geht nicht“ auf „wie könnte es gehen“ umzulegen, erhöht Ihre Lebensqualität um ein Vielfaches und Ihre Erfolgserlebnisse sowieso.  

...etwas Vorbereitung

„Mentale Schlagfertigkeit“ braucht manchmal etwas Vorbereitung und auch den Mut, Herausforderungen und Aufgaben anders anzugehen. Es braucht streckenweise Zeit, wieder besser in sich hineinzuhören und wenn man merkt, da läuft etwas quer, diesen Querläufer ausführlicher zu betrachten und umzustellen. 

Wenn Sie wieder selbstbewusst und positiv über die Reaktionen Ihrer Kunden nachdenken, werden Sie schon fast automatisch auch rhetorisch schlagfertiger. Ansonsten unterstützen Sie sich durch rhetorische Techniken und bewährte Antwortsätze. Doch viel wichtiger ist Ihre mentale Schlagfertigkeit. Sie ist für das wichtigste Argument bzgl. Ihres Preises verantwortlich: Nämlich für Ihre Begeisterung über Ihr Angebot und diese Begeisterung ist durch nichts zu ersetzten, auch nicht durch Rhetorik!

Ihre Begeisterung überträgt sich oft automatisch auf den Kunden. Und Kunden, die von Ihrem Angebot begeistert sind, verhandeln sehr selten mit Einwänden wie „zu teuer“. Nutzen Sie die Macht der mentalen Begeisterung. 

Viel Erfolg wünscht Ihnen

Gaby S. Graupner