Warum kosten Flughäfen, Opernhäuser und Zahnarztbehandlungen immer mehr als gedacht?

Vor einiger Zeit saß ich beim Zahnarzt auf dem Behandlungsstuhl. Das ist eindeutig nicht mein Lieblingsplatz. Nach einer raschen Durchsicht sagte mir der Mann in Weiß: „Eine Füllung muss erneuert werden. Die ist schon recht alt, noch mit Amalgam und hat bereits ein Loch.“ So weit, so gut. So etwas hatte ich mir schon gedacht. Der Herr Doktor meinte weiter: „Eine einfache Füllung zahlt die Krankenkasse, eine Kunststofffüllung kostet Sie um die 60 €. Er erklärte mir noch die Unterschiede und ich entschied mich für die Kunststofffüllung. Los ging es. Erst eine Spritze, dann Bohren und dann sollte die Füllung starten. Plötzlich meinte der Arzt, er hätte noch etwas entdeckt und das kostet jetzt nochmals ca. 25 €. „Soll ich das auch jetzt machen?“ 

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Ich: leidend (!) und halb betäubt, mit dem Wunsch, es möge so schnell als möglich vorbei gehen, vier Wattebäusche im Mund, einem surrenden und saugenden Röhrchen, was ununterbrochen saugt und irgendwie auch wehtut, einem Bohrer vor meinen Augen und einem Zahnarzt mit Mundschutz, einem Bankräuber nicht unähnlich, drohend über meinem Gesicht. 

Soll ich jetzt diskutieren? Wie? Mit meinen Wimpern Morsezeichen machen: -.  .  ..  -.  (nein)? Eine Diskussion mit vollem Mund? Gezwungenermaßen nickte ich also mit dem Kopf, während ich einen dicken Hals bekam und mehr als verärgert war. Doch auch nach der Behandlung war an „schimpfen“ nicht zu denken. Ich litt einfach still vor mich hin. Hatte ich schon erwähnt, dass Zahnarztbesuche nicht so meins sind? Bevor ich die Praxis dann verlassen habe, zahlte ich den fälligen Betrag und ging. 

Solch eine Vorgehensweise des „erpresserischen“ Verkaufs macht mich unglaublich wütend. Ich denke mir dann oft, dass das so ähnlich ist, als würde ich mit meinem Kunden einen Trainingstag vereinbaren, mit besprochenem Tagessatz und während der 1. Pause meinen Auftraggeber ansprechen und sagen: „Nachdem ich jetzt Ihre Mannschaft kenne, merke ich, dass da viel mehr zu tun ist, als ich angenommen habe. Deshalb muss ich jetzt mein Honorar um 30 % erhöhen, sonst mache ich nicht weiter“ und währenddessen mit meinem Klicker für die Powerpoint-Präsentation vor seinem Gesicht wedle. Ich würde wahrscheinlich schneller ohne Auftrag dasitzen als ich „Ahh“ sagen könnte. 

Gestern habe ich eine Firma trainiert, die ein ähnliches Problem hat, wie der Zahnarzt. Es ist ein Gartenbauunternehmen. Immer wieder kommt es vor, dass zum Beispiel ein Kunde Teile seiner Hecke austauschen muss, weil diese im Winter erfroren sind. Nehmen wir einmal an, der Preis für den Austausch der Stauden beträgt 500 €. Der Auftrag wird erteilt und die verdorrten Büsche entfernt und darunter entdeckt der Gärtner nun ein Bodenproblem, wie zum Beispiel zu wenig Erde. Viel zu früh erscheint die Kiesschicht oder nach ein paar Zentimetern Erde kommt schon reiner Lehm. Hier neue Thujen einzupflanzen, ist nicht sinnvoll, weil aufgrund der fehlenden Erde die Thujen wieder nicht gesund anwachsen können. Im Alltag sieht es dann so aus: Die alten Büsche liegen draußen, ein riesiges Loch klafft in der Hecke, alle Nachbarn erfreuen sich eines freien Blickes, direkt ins Wohnzimmer des Kunden und zu dem vereinbarten Preis von 500 € will der Gärtner jetzt noch 250 €, um den Boden entsprechend zu präparieren. Jetzt geht es dem Gartenbesitzer so, wie mir beim Zahnarzt. Er bekommt einen dicken Hals. Ähnliche Probleme haben übrigens viele Handwerker, Techniker, Entwickler und Softwareprogrammierer. Man weiß nicht, wie es darunter aussieht. 

Doch wer soll jetzt die „Überraschung“ zahlen? Der Kunde ist zu Recht erst einmal unangenehm überrascht und dabei geht es in erster Linie nicht darum, ob man den Mehrbetrag hat oder nicht, sondern, dass man sich auf das Angebot des Lieferanten verlassen hat und jetzt etwas irritiert ist und sich der Bauch meldet und hartnäckig anfragt, ob man hier gerade über den Tisch gezogen wird. Auch wenn der Verstand den Kies oder Lehm direkt sieht. 

Der Lieferant hat auch keine Verantwortung für Lehm und Kies, der überraschend zu Tage kommt. Im Gegenteil, es wäre verantwortungslos, hier neue Büsche einzupflanzen, obwohl er genau weiß, dass er nächstes Jahr wieder hier stehen wird, weil die eine oder andere Pflanze traurig die Äste hängen lässt. Die Praxis zeigt, dass Fragen nach dem Untergrund selten vom Auftraggeber professionell beantwortet werden können. Hausbesitzer sind nicht automatisch Experten für Gartenerde.

Wenn dagegen der Gärtner, Techniker oder Handwerker auf die Frage nach dem Preis antwortet: „Das kann ich nicht so genau sagen, da muss ich erst einmal die Thujen ausgraben (das Gerät aufmachen, den Teppichboden abziehen), dann verliert er gegen einen Anbieter, der entweder per se einen sehr hohen Preis nennt oder einen „auf den ersten Blick Preis“ nennt, und dann mitten in der Behandlung nur weitermacht, wenn der Zuschlag in Ordnung geht, was der Kunde aber zum Verhandlungszeitpunkt nicht weiß. Kein Preis, ist schlimmer als ein hoher Preis.

Im Training haben wir gestern folgende Lösung vereinbart: Eine richtige Analyse ist die wichtigste Voraussetzung für einen erfolgreichen Auftrag und eine zufriedenstellende Umsetzung für den Kunden und den Lieferanten. Eine gute Analyse, nicht nur zu den Fragen: „Welche Büsche sollen es sein?“ Wie viele sollen ausgetauscht werden?“ „Wie hoch sollen sie bereits gewachsen sein?“ „Wann wollen Sie die Arbeiten durchführen lassen?“, also eine reine Ist-Analyse, der dann prompt ein Preis folgt. 

Eine erfolgreiche Analyse klärt auch die Soll-Situation. Was sind die Wünsche des Auftraggebers? Was ist ihm persönlich wichtig? Welche Folgen, positive wie negative, hat die Ausführung des Auftrages für ihn? Diese Form der Kommunikation dient dem Vertrauen des Auftraggebers in den Dienstleister.

Danach sollte er seinen Preis nennen. In unserem Beispiel: „Der Preis für den Austausch der Thujen beträgt 500 €, darin enthalten sind die Anlieferung der Pflanzen und das Ausgraben sowie das Einpflanzen der Büsche, wenn der Grund für das Absterben der Thujen tatsächlich der harte Winter war. Gelegentlich kommt es vor, dass es am Boden liegt und hier dann, nach dem Ausgraben der Thujen, Kies oder Lehm oder ähnliches abgetragen werden muss, um anschließend mit gesunder Erde aufzufüllen. Erfahrungsgemäß liegt die Investition in einen guten Boden bei ca. 250 €. Wollen Sie die Thujen auch unter diesen Umständen austauschen lassen?“ Fällt die Bodenbearbeitung nicht an, freut sich der Kunde über die gesparten 250 €, wird der Boden ausgetauscht, trifft den Kunden mitten im Chaos nicht der Schlag, da er den Preis bereits verdaut hatte und vor allem im Vorfeld davon wusste.
Meine Teilnehmer sollten vor allem mitnehmen, dass auch die Unwissenheit über den Untergrund so gelöst werden kann, dass Sie trotzdem selbstbewusst und klar ihre Preise nennen können, ohne dabei herumzueiern.

Probieren Sie es aus. Stehen Sie dazu, dass Sie als Lieferant nicht immer alles im Voraus wissen können. Nennen Sie klar Ihren Preis für den günstigsten Fall und nennen Sie klare Preise für Eventualitäten. Vermeiden Sie dabei Aussagen wie: „Ich will Sie nicht anlügen“ oder „Das ist schwierig zu sagen“ oder „Der Preis kommt darauf an, ob...“ Zeigen Sie Sicherheit und Professionalität durch Erfolgssprache, also klare Sprache. 

Eine erfolgreiche Zeit wünscht Ihnen

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